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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Thailands Wald und Forstwirtschaft



guenny
25.03.2008, 13:26
Fand heute einen kleinen Artikel in der Bangkok Post, der mich zum Nachrecherchieren brachte.
In dem http://www.bangkokpost.com/News/25Mar2008_news003.phpArtikel geht es um die Aussage der zuständigen Ministerin, dass viele Forstleute wegen eines Mangels an Waffen im Dienst erschossen worden sind.
Zitat der Einleitung:

A shortage of firearms has been blamed for the deaths of forest-patrol officers nationwide, including the fatal shooting of the chief of a forest protection unit in Tak province on Sunday.

Natural Resources and Environment Minister Anongwan Thepsuthin said yesterday a lack of weapons had put the lives of forestry patrol staff at risk and was a major obstacle to the protection of natural resources.
Ich habe - da von Berufs wegen betroffen - mal nachgelesen, denn in dem Beitrag wurden ein paar interessante Zahlen genannt:
Die Rede ist von
..... has 20,000 staff overseeing about 57 million rai of protected forest area nationwide.
Das bedeutet dann im Weiteren bei einer Gesamtfläche von 51.311.500 ha Landesfläche und der Angabe zur Waldföläche umgerechnet 8.960.000 ha Wald in Thailand, was noch einem Bewaldungsprozent von etwa 17,5 % entspricht. Noch vor wenigen Jahren waren es an die 24%.
Zum Vergleich: Deutschland hat 11.075.798 ha Wald, entspricht etwa 24% Waldflächenanteil.
Hier noch die Grafik über die Todesursachen der thailändischen Förster:
http://i302.photobucket.com/albums/nn106/aarfalke/MagicalSnap-200803251318-001.png
Friede ihrer Asche.

25.03.2008, 14:26
Eine Reduzierung von Waldfläche um 7% des Gesamtlandes ist schon reichlich bedenklich.

Wenn die TH-Jungs in dem Tempo so weiter machen, wird es dort wohl bald so aussehen wie auf Gran Canaria.

schiene
25.03.2008, 16:10
Wird denn in Thailand noch soviel gewildert?

25.03.2008, 18:53
Wahrscheinlich geht es um illegalen Holzschlag.

Die Preise für Edelhölzer sollen in den letzten Jahren mächtig angezogen haben.

guenny
26.03.2008, 09:05
Es geht wohl um beides,
zum einen um den illegalen Holzeinschlag, die Preise für bestimmte Holzarten sind extrem hoch, zumal die Vorräte immer geringer werden. Zum anderen aber auch um Wilderei. Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob z.B. die mit Sicherheit traditionelle Jagdausübung bei den Bergstämmen im Nordwesten nicht auch als Wilderei angesehen wird. Darüber habe ich aber bisher keine Informationen bekommen können.

Joseph
26.03.2008, 11:24
Obwohl die Personen, die meine Beiträge lesen dürfen, können oder wollen, immer weniger werden (was ich als schmerzhaft empfinde), will ich doch hier noch etwas zur thailändischen Forstwirtschaft sagen…. Obwohl ich zugeben muss, nicht sehr viel darüber zu wissen…trotzdem hoffe ich, dass es für den Einen oder Anderen ein wenig interessant sein wird…
Es ist sehr schwierig, genaue Zahlen über den tatsächlichen Waldbestand in Thailand zu erhalten. Mir scheint, dass es in Th Interessenten gibt („die Holzwirtschaft“), welche die Angaben über den Waldbestand hoch halten wollen und daher –oft ohne es ausdrücklich zu erwähnen- den degradierten Sekundärwald und die mit schnell wachsenden Bäumen (z.B. australischen Eukalyptus) wieder aufgeforsteten Gebiete mitzählen.
Ca. 1980 spürte die Holzindustrie, dass die heimatlichen Wälder ausgelaugt waren, d.h. sie waren für die Holzindustrie nicht mehr produktiv. Die nutzbaren Bäume waren weitgehend gefällt. Also, sagte man, müssen schnell wachsende Bäume her, die man in diesem degradierten Wald pflanzen kann. Man entwarf einen Plan, systematisch mit Eukalyptus aufzuforsten, also mit einem Baum, der minderwertiges Holz liefert, das man als Holzspäne (z.B. für pressholz) oder die Papierindustrie gebrauchen konnte.
1987 gab es 500.000 Rai degradierten, mit Eukalyptus wieder aufgeforsteten Sekundärwald. Der „Fifth National Economic and Social Development Plan (1982-1987) sah vor, dass jährlich 300.000 Rai mit Eukalyptus wiederaufgeforstet werden sollten. Es war klar, dass dies für die Papierindustrie viel zu wenig war. Es wurden von der South-East Pulp Co. und anderen Firmen bezahlte Gutachten vorgestellt, die den Anbau von Eukalyptus im gesamten Isaan empfahlen. Um das zu realisieren, kam es zu verstärkten Kooperationen zwischen Thaiautoritäten und multinationalen Konsortien.
Dez.1985 wurde durch das Kabinett ein Beschluss zu „National Forest Policy“ gefasst, 25% des gesamten thailändischen Waldbestandes wurden als „production forest“ bestimmt, 15% als „protected forest“. Dies bedeutete den Aufbau von „industriellen“ Baumplantagen, mit ausdrücklicher Bevorzugung von Bäumen zur Papierherstellung, also Eukalyptus. Das Ziel war jetzt 41.600 Quadratkilometer von durch Korporationen geführten Baumplantagen plus 20.000 Quadratkilometer von Dorfbewohnern zu bepflanzenden Plantagen.
1987 begann das „Joint Project of reforestation between public and private sectors in honour of the King’s 60th Birthday“. Ein joint venture zwischen Thais und Japaners stellte 10.000.000 Eukalyptussetzlinge zur Verfügung.
Im gleichen Jahr (1987) begann das Projekt „Green Isaan“. Es sollte zunächst bis 1992 laufen, mit einem Budget von 50.000.000.000 Baht. Bei diesem Projekt sollte auch die Armee helfen. Motto: früher mussten wir die Kommunisten bekämpfen, jetzt die Armut“. Das Volk sollte begreifen, dass die Rolle der Armee sich gewandelt habe, „once it was their protector, now it is their teacher and helper“. General Chavalit Yongchaiyudh: „the army has transferred ist emphasis from eliminating enemies that endanger the country to helping the government prosper the country’s economy“
Für 39 Milliarden Baht sollten Wasserressourcen entwickelt werden: Dammbau etc. Damals schienen die Aussichten Eukalyptusanbau glänzend, viele investierten darin….
Doch kam es zu Gegenbewegungen von Seiten der Farmer. Es gab regelrechte Aufstände, Straßenblockaden, auf den Plantagen wurden die Eukalyptussetzlinge rausgerissen… Das war der Beginn einer erfolgreichen Gegenstrategie. Im Gegensatz zu früheren Jahren konnte man jetzt Umweltaktivist sein, ohne als Kommunist verschrien zu werden. (Vor 1980 wurde jeder, der gegen ein Regierungsprojekt war, zum Kommunisten abgestempelt und verfolgt). Die Umweltbewegung führte verschiedene Maßnahmen durch, um ihre Interessen (gegen Eukalyptus…) durchzusetzen, sie setzte auf „community education“, „cultural networks“, “occupation training“, “integrated agriculture”. In den Augen der Farmer war Eukalyptus ein egoistischer“ Baum, er entnahm den Boden Nährstoffe und Feuchtigkeit, beeinflusste benachbarte Felder zum Negativen, war als Futter nichts wert, gab wenig Brennholz…Die Proteste erreichten (in manchen Gegenden), dass Eukalyptusanbau gebannt wurde…In Rattanaburi (Surin) wurde eine Eukalyptuspflanzung umgepflügt und man pflanze etwas Anderes. In Prachinburi brannten 3000 Demonstranten Gebäude der Forstwirtschaft nieder, weil hier beschlossen worden war, Eukalyptus anzubauen. Die Protestler schlossen sich zusammen und entwarfen eine Plan zum Schutze des Waldes. Mönche gingen in den Wald und umbanden dicke Bäume mit einem orangefarbenen Seidentuch, so waren diese geheiligt, Buddha geweiht, konnten nicht geschlagen werden.
1990 kam es dann endgültig zum Ende des Projektes „Green Isaan“, wegen des Suan Kitti Skandals. 1990 wurden 156 Angestellte dieser Firma verhaftet, weil sie in großem Stil illegal Primärwald gefällt hatten, um dann die Erlaubnis zu bekommen, in diesem von ihnen selbst degradierten Wald Eukalyptus zu pflanzen. Der Skandal war, dass hierin hochrangigePolitiker verwickelt waren. Der Besitzer der Firma war ein Senator, dazu noch der wirtschaftliche berater des Premierministers. Auch der „police general“ Narond M. hatte seinen Einfluss entsprechend geltend gemacht. In Anschluss an diesen Skandal wurden viele Konzessionen für Eukalyptusanbau widerrufen. …

(Forts. folgt, habe jetzt keine Zeit mehr weiterzuschreiben…)

Joseph

guenny
26.03.2008, 12:25
Danke Joseph,
war ja kaum anders zu erwarten, als dass von dir die fundierten Infos kommen. Gibts das irgendwo nachzulesen?

Joseph
26.03.2008, 12:48
@günny: ja, es gibt verschiedene Bücher darüber.
Solltest Du an dem Thema besonders interessiert sein, so empfehle ich ein Buch: Khor Jor Kor, Forest Politics in Thailand, Studies in Contemporary Thailand No.14, von Oliver Pye. Es ist in Bangkok in vielen Englisch-sprachigen Buchläden zu kaufen, für 750 Baht.
Ich kenne Oliver Pye persönlich, er studierte "Forstwissenschaften" (oder wie das heißt) in Deutschland, für seine Promotion stellte er Untersuchungen in Th. 1996 und 1997 an. Er lehrt jetzt an der Abt. für Südostasiatische Studien an der Uni Bonn.
Das Buch analysiert die Entwicklung der Forstpolitik seit der Gründung des Royal Forest dept. 1896 bis jetzt.

Joseph

guenny
26.03.2008, 12:53
Danke für den Tip, werde ich mir mal ansehen, wenn ich in BKK bin.
Neben diesen Aufforstungsprojekten mit Eucalyptus spielte wohl auch die Tatsache eine Rolle, dass es wohl nur staatliches Waldeigentum gibt, dass viele dieser Flächen jedoch schon wie von dir dargestellt über lange Zeit (auch landwirtschaftlich) privat genutzt wurden und werden bzw. sogar bebaut wurden und dass dies ebenfalls zu viel Ärger und letztlich zum Scheitern einiger dieser Projekte führte.

schiene
26.03.2008, 12:53
Kann nur für das Gebiet um Prakhonchai schreiben,aber da sind alle größeren Bäume statisich erfaßt und es wird immer mal kontrolliert ob die Bäume(meist stehen noch große alte Bäume auf Reisfeldern)noch stehen.
Leider werden auch ab und wann auch diese noch über nacht gefällt und entsorgt.
Letztes Jahr konnte mein Schwager welcher nachts mit zwei weiteren aus dem Dorf auf einem Kontrollgang war einen erwischen welcher auf seinem Reisfel(also das Reisfeld von demjenigen welcher die Bäume fällen wollte) größere Bäume fällen wollte.Ich kann nicht sagen wie hoch die Strafe war aber er mußte vor ein ein Gericht und eine nicht unerheblichen Betrag Strafe zahlen.