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schiene
23.04.2008, 02:17
15 Jahre Gefängnis wegen Sitzen bleiben bei Nationalhymne?


Am 20. September 2007 blieb Chotisak Oonsoong sitzen als die Nationalhymne im Kino gespielt wurde. Am 5. April 2008 wurden sie vom zuständigen Polizeirevier informiert, dass sie wegen Lese Majeste angezeigt worden wären und dass die Anklage am 22. April 2008 um 13:30 verlesen würde.
Was war passiert? Ein Interview in Prachatai kann vielleicht den absurden Fall etwas aufhellen. Auf die Frage des Reporters erklärt der Beschuldigte:

……. Am 20. September letzten Jahres waren wir zum Shopping und dann sahen wir diesen Film im Central World Shopping Complex. Wir blieben beim Abspielen der Nationalhymne sitzen, weil ich normalerweise nie aufstehe, wenn die Nationalhymne gespielt wird. Ein Mann, der zwei Sitze entfernt saß, sprach uns in Englisch an: „Stand up“. Er vermutete wohl, wir wären Ausländer, aber wir blieben sitzen. Er wartete ab, bis die Nationalhymne beendet war, dann rief er die Angestellten des Kinos, und versuchte ihn zu überzeugen, dass dieser uns aus dem Kino weisen müsse. Der Angestellte aber versuchte den Mann, der wie wir später erfuhren, Navamintr hieß, zu beruhigen und kümmerte sich nicht um uns, sondern den Mann.

Als er sah, dass der Angestellt nichts unternahm, stand er auf und fing an uns zu beschimpfen. Er sagte unter anderem: „Geht raus“ und „Ihr seid Thais, warum steht ihr nicht auf, sogar Ausländer stehen auf.“ Ich antwortet nur, dass ich gekommen sei um den Film zu sehen, und dass, falls er sich nicht wohl fühlen würde, er ja gehen könne. Er war ärgerlich und warf Dinge nach uns. Er schnappte sich sogar einen Popkornbecher und eine Wasserflasche, die er aus den Händen meiner Freundin riss und uns versuchte an den Kopf zu werfen.

Als er Luft holte und eine Pause machte, fing die Menge an, ihm zuzuklatschen, worauf er wieder neu anfing. Wir hielten das dann nicht länger aus und verließen das Kino, riefen 191 an und warteten vor dem Kino auf die Polizei.

Als er nach dem Film aus dem Kino kam, war er wohl überrascht, weil er nicht erwartet hatte, dass wir die Sache ernst nehmen würden. Die Polizei nahm uns alle mit zur Polizeistation. Wir sprachen nichts untereinander. Die Polizei sagte, dass meine Freundin und ich wegen Majestätsbeleidigung angezeigt werden würden, falls wir unsere Anzeige gegen Navamintr aufrechterhalten würden.

Ich diskutierte das mit meiner Freundin, und wir dachten, selbst falls wir gegen das Gesetz verstoßen hatten, hatte dieser Mann nicht das Recht, uns so anzupöbeln. Und auch unsere Rechte werden durch Gesetze geschützt. Deshalb erstatteten wir Anzeige gegen ihn wegen physischer Gewaltanwendung, Beschädigung unseres Eigentums, Beleidigung und Nötigung.

Tatsächlich hatten wir die Anzeige nicht sofort unterschreiben, weil die Polizei uns sagte, wir müssten erst in ein Krankenhaus gehen, um die Gewaltanwendung bestätigen zu lassen. Also haben wir nur den Fall aufnehmen lassen und sind am nächsten Tag noch einmal erschienen, um die Anzeige zu unterschreiben.

Wegen unserer Anzeige hat uns die Polizei nur ein einziges Mal vernommen, und nichts passierte daraufhin. Es wurde nie Anklage gegen Navamintr erhoben. Statt dessen kamen, im Dezember letzten Jahres einige Männer zu uns, die behaupteten Polizisten zu sein, und drangen in das Haus meines Onkels ein, um diesen zu verhören. Ich weiß nicht, was dies mit dem Fall zu tun hatte. Dann rief vor Kurzem die Polizei an, um uns von der Anklage zu unterrichten.

FRAGE DES JOURNALISTEN: Warum waren Sie nicht aufgestanden?

Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass man bei dem Abspielen der Nationalhymne aufstehen muss. Deshalb sind wir sitzen geblieben. Wenn es ein Gesetz gibt, das das vorschreibt, werde ich mich an das Gesetz halten, denn das Gesetz steht über uns.

FRAGE DES JOURNALISTEN: Nach der Meinung einiger Leute ist das Aufstehen zwar nicht im Gesetz verankert, aber es sei Tradition.

Ist das wirklich Tradition? Ich habe gelesen, dass früher die Nationalhymne nach dem Film gespielt wurde, als alle sich beeilten nach Hause zu gehen. Das war zur Zeit von Rama V, als die Nationalhymne eingeführt wurde. Das Abspielen VOR dem Film ist noch sehr jung. Also ab wann ist etwas „Tradition“?

Und sprechen wir mal über Tradition in Konkurrenz gegen das Gesetz. Es gibt viele Traditionen, denen die Menschen nicht mehr folgen, und niemanden kümmert das. Wenn Menschen wegen Vergehens gegen Traditionen bestraft würden, müssten neue Gefängnisse gebaut werden.

Traditionen werden von Menschen gemacht, ähnlich wie Gesetze. Wenn sich nicht angemessen, nicht richtig, anachronistisch oder gegen den Willen der Menschen sind, dann kann man sie nicht beachten. ……

Die Geschichte erinnert uns sehr an den gewaltlosen Widerstand Ghandis in Indien, der die Briten zur Weißglut brachte. Aber im Unterschied zu Ghandi, stellen sich in Thailand die eigenen Menschen nicht hinter solche Mitglieder der Gesellschaft, sie würden sie sogar am liebsten ausstoßen. Sie nagen an einem Weltbild, was über Jahrzehnte in die Köpfe gepflanzt wurde. Solche Menschen wie Chotisak riskieren viel für ein kleines bisschen mehr Freiheit und um die Menschen zum Nachdenken zu bringen. Sich auflehnen gegen Gehirnwäsche.

Quelle:
http://www.schoenes-thailand.de/politik ... hymne.html (http://www.schoenes-thailand.de/politik/15-jahre-gefaengnis-wegen-sitzen-bleiben-bei-nationalhymne.html)