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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Todesstrafe für Gordon Koschwitz aufgehoben



schiene
09.05.2008, 04:30
Kiel - Der in Thailand zum Tode verurteilte Gordon Koschwitz aus Großenbrode wird nach Angaben des FDP-Bundestags-abgeordneten Jürgen Koppelin nicht hingerichtet. Ein Revisionsgericht habe die 2005 gegen den damals 34-Jährigen verhängte Todesstrafe in 15 Jahre Haft umgewandelt, teilte Koppelin mit.

Koppelin berief sich auf die Deutsche Botschaft. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte der dpa das neue Urteil, das am Mittwoch gefällt wurde. Der aus Großenbrode in Ostholstein stammende Mann soll im Oktober 2004 einen 32 Jahre alten Schweizer getötet haben, der erwürgt im Haus des Deutschen in Nordthailand gefunden worden war.

"Ich bin froh, dass durch vielfältiges Engagement das Leben von Gordon K. gerettet werden konnte", sagte Koppelin. "Besonders freue ich mich für seine in Schleswig-Holstein lebende Mutter." Koppelin hatte den zum Tode Verurteilten wiederholt im Gefängnis besucht, zuletzt vor vier Wochen. Er werde sich dafür einsetzen, den Mann im Rahmen des deutsch-thailändischen Überstellungsabkommens nach Deutschland zu bekommen, sagte Koppelin. "Ich bin auch sehr zuversichtlich, dass dies gelingt. Und ich hoffe, dass ihm nun auch endlich die Fußketten abgenommen werden".


Hier noch einmal die Vorgeschichte
Das Todesurteil gegen Gordon Koschwitz aus Großenbrode (Kreis Ostholstein) bewegt ganz Deutschland. Am 11. Oktober vergangenen Jahres soll der 34-Jährige in seinem Haus in Thailand den Schweizer Raphael Baumann ermordet haben. Der Verdächtige beteuert seine Unschuld: "Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist: Ich habe niemanden getötet!" Die thailändischen Behörden glauben ihm nicht, verurteilten ihn vergangene Woche zum Tod am Galgen. Koschwitz' Freunde und Familie wollen weiter kämpfen, doch ihnen fehlen mittlerweile die finanziellen Mittel.

"Mehr als 100 000 Euro hat die Familie bereits aufgewendet", sagt Matthias Fritz (42), Rechtsanwalt und Freund der Familie. Flüge in die Provinzstadt Chiang Mai, Gutachten und Recherchen einer lokalen Detektei, Telefonate und Briefwechsel mit den thailändischen Behörden - all das verschlingt Geld. "Frau Koschwitz hat gar nichts mehr", sagt Fritz. Angehörige und Freunde haben jetzt eine Internetseite erstellt, werben unter http://www.rettet-gordon.de um Spenden. Auch eine Telefon-Hotline soll nächste Woche geschaltet werden. Zweifel an der Unschuld des 34-Jährigen hat der Lübecker Anwalt nicht: "Ich habe Gordon selbst einmal besucht, kann Menschen einschätzen - und nach all dem, was ich weiß, bin ich überzeugt, dass er die Tat nicht begangen hat."

Vorausgesetzt, es hat überhaupt ein Verbrechen stattgefunden: Viele Ungereimtheiten lassen Zweifel aufkommen. "Selbst in der jüngsten Verurteilung zum Tode gibt es keinerlei Hinweise, woran Raphael Baumann konkret starb", sagt Fritz. Die Aussage des staatlichen Arztes, der die Leiche untersucht hatte und von einem Unfall über ein Verbrechen bis zu einem Suizid keine konkrete Todesursache benennen konnte, wurde in dem Verfahren ignoriert. Die Obduktion ergab lediglich, dass die äußeren Verletzungen nicht für den Tod verantwortlich seien und dass sich im Körper Heroin befand.

Doch damit nicht genug: Der Antrag der Schweizer Behörden, die eine Herzblutprobe des Verstorbenen angefordert hatten, ist seit November 2004 unbeantwortet. Ebenso wenig haben die thailändischen Behörden Angaben zu einem Tatmotiv des gelernten Mechanikers gemacht. Gordon Koschwitz hatte den 32-jährigen Schweizer, der einen Drogenentzug hinter sich hatte, nur auf Wunsch eines Freundes aufgenommen.

Wie die LN erfuhren, schließen Freunde und Angehörige ein Komplott gegen den Großenbroder nicht aus: Koschwitz hatte als Undercover-Ermittler für die thailändische Polizei in der Drogen-Szene gearbeitet, war aber Wochen vor dem verhängnisvollen Vorfall ausgestiegen und hatte sich mit einer Ziegelei selbständig gemacht. Möglich, dass er während seiner Zeit als Fahnder Erkenntnisse gesammelt hatte, die er aus Sicht bestimmter Kreise nicht hätte haben sollen. Möglich, dass das Ziel eines Auftragsmörders nicht Baumann sondern Koschwitz gegolten hatte. Möglich aber auch, dass er durch das ihm angelastete Verbrechen zum Schweigen gebracht werden sollte. Ein Indiz: Der thailändische Oberstaatsanwalt hatte im Prozess gegen Koschwitz mit keiner Silbe die Todesstrafe gefordert. Gegenüber der Familie des Verurteilten habe er selbst geäußert, wie schockiert er über den ungnädigen Richterspruch gewesen sei.

Den deutschen Behörden sind die Hände gebunden: "Eine Auslieferung ist nicht möglich, da Thailand die Strafhohheit hat - ungeachtet der Herkunft des Beschuldigten", sagt Rechtsanwalt Fritz. Auch ein internationales Überstellungsabkommen bietet keine Chance, kann bei Freiheitsstrafen, nicht aber bei Verurteilungen zum Tode angewandt werden. Und auch die Übernahme der Ermittlungen durch heimische Instanzen wie der Lübecker Staatsanwaltschaft sind ausgeschlossen, da es mit Ausnahme der Herkunft Koschwitz' keinerlei juristischen Beweggrund gäbe.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hat auf sein Schreiben an die thailändische Botschaft noch keine Antwort erhalten. Rechtsanwalt Fritz und Gordon Koschwitz' Mutter Sigrid wollen nach der Rückkehr der 64-Jährigen aus Bangkok Bundespräsident Horst Köhler um Hilfe bitten. Derweil strengt der in Phuket lebende Verteidiger Miroslaw Slamina ein Berufungsverfahren an.

Die Zeit drängt: "Wichtig ist, dass jetzt etwas passiert, denn Gordon ist allein durch seine ehemalige Tätigkeit für die Polizei nicht sicher. Sein Leben ist gefährdet", sagt Fritz. Aber auch die Haftbedingungen setzen dem Deutschen zu: Mit verschweißten Fußketten muss sich der Ostholsteiner mit 40 anderen Inhaftierten im Zentralgefängnis von Chiang Mai eine 50-Quadratmeter-Zelle teilen. Die sanitären Verhältnisse seien katastrophal. "Gordon hat seinen Lebensmut nicht aufgegeben, war nach dem Todesurteil allerdings geneigt, zu kapitulieren", sagt der Anwalt.
Quelle:
http://www.ln-online.de/artikel/1709790 ... _Freunde_k (http://www.ln-online.de/artikel/1709790/Gordon_Koschwitz_-_Freunde_k)ämpfen_um_sein_Leben.htm