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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Spracherziehung bei Babys



Greenhorn
03.07.2010, 04:25
Vor etwa 5 Jahren war ich vor die Frage gestellt, wie wird das mit unserem Kind, Mutter spricht Thai, Vater spricht Deutsch.
Also "gegooglet" und schon war ich schlauer (oder hatte ich die falschen Suchbegriffe eingegeben?). Uebereinstimmende Meinung war: "ueberhaupt gar kein Problem, Kinder bekommen das locker in Griff."
Mit gutem Gewissen habe ich mich darauf hin in den groessten Fehler meines Lebens gestuerzt.

Erfahrungsbericht:
Unser Kindermaedchen sprach burmesisch, die Haushaelterin mon-esisch, meine Frau Thai und ich bewusst Deutsch.
Unser Sohn wurde (heute vor etwa viereinhalb Jahren) gesund geboren und er entwickelte sich praechtig.
Aber er, ..... er sprach nicht!
:oops:
Gelegentlich schaute das Kind auch Cartoons, die eigentlich alle in Englisch (also 5. Sprache) waren.
Es gab keine Verstaendigungsschwierigkeiten. Mit einer genialen Mimik und Gestik machte er sich sehr frueh und umfangreich verstaendlich. Nur er sprach nicht. Er verstand insbesondere in Thai und Deutsch fast alles. Es war keine Behinderung, eher eine "Weigerung" zu sprechen oder wie eine "Verwirrung".
In der Vorschule (ab 3 Jahre) hatte er keine Probleme. Er schreibt heute (4,5 Jahre) das thailaendische und englische Alphabet, macht kleine Zaehlaufgaben, ......
Mit (Anfang) vier Jahren sass er (0ft schon zu lange) vor seinem eigenen PC und schaute sich seine Lieblings-Cartoons bei "youtube" an oder spielte Computergames (z.B.Transformers).
Meine Tochter wurde etwa 2 Jahre spaeter geboren. Aufgrund meiner Erfahrungen (und Auswertungen) sprach ich mit ihr im ersten Lebensjahr ausschliesslich nur Thai.
Nun (Zwischenbemerkung:), Frauen reden ja bekanntlich bevor sie denken und Maenner genau umgekehrt, aber sie fing zeitgerecht an zu sprechen, durchlief alle Phasen und ist in Bezug aufs Sprechen so weit, wie ihr zwei Jahre aelterer Bruder.

Meine persoenliche Auswertung:
Bei der Geburt bekommen die Zwerge bekannterweise von den Eltern jeweils "etwas in die Wiege gelegt". Aber alles was nicht "Reflex" ist, muss von diesem "unfertigen" Mensch erst noch erlernt werden. Fuer das Erlernen der Sprache wird eine Basis-Denksprache benoetigt.
Bombadiert man das Kind in dieser (!) Phase mit mehreren Sprachen, wird das Kind verwirrt!
Ist diese Phase abgeschlossen (?7-12 Monate) kann das Kind mit verschiedenen Sprachen konfrontiert werden.
Ich kann etwas Englisch und immer mehr Thai. Ich hatte Zeiten, da waren die Vier-Grundrechenarten auf Thai so fit drauf, ich glaubte selbst, ich denke dabei auf Thai. Falsch!! Ganz hinten im letzten Stueb'chen lief der eigentliche Rechenvorgang immer noch in meiner "Mutter"sprache ab.
Es gibt viel sprachbegabtere Menschen, aber ich denke auch die "verarbeiten" alles (wenn auch schon unbewusst) immer noch in ihrer "ersten" Sprache.
In Nachhinein habe ich mit vielen Eltern darueber gesprochen, dabei hat sich herausgestellt, alle (!!!) die in aehnlicher Situation waren, hatten das selbe Problem. Es wird nur nicht soviel darueber gesprochen.
Insgesamt bleibt meiner Ansicht nach nichts Negatives zurueck.

schiene
03.07.2010, 09:35
5 Sprachen für nen 1-4 Jährigen dürfte eindeutig zu viel sein.Kinder lernen sehr schnell und ordnen bestimmet Worte gewissen Dingen zu.5 Begriffe für einen Gegenstand sorgen da sicher für Verwirrung im Kopf.Ab vier Jahren verarbeiten Kinder dies schon besser aber auch hier würde ich 5 Sprachen eindeutig für zu viel erachten.
Hab gerad noch etwas zum Thema gefunden.
https://www.elternimnetz.de/cms/paracms.php?site_id=5&page_id=67

Greenhorn
04.07.2010, 10:54
@schiene
danke fuer den Link, aber ... das sind genau die Sachen, die ich vor 5 Jahren schon gefunden hatte.
Es geht um das besondere Problem, wenn im Elternhaus mit zwei verschiedenen Sprachen gesprochen wird (oder mehr z.B. auch extreme Dialekte). Das ist aber Thai/Farang-Ehen immer der Fall.
Es geht hier um die Zeit direkt nach der Geburt, bis etwa ein Jahr. Diese Artikel fangen alle erst an, wenn das Kind etwa 1 Jahr alt ist. Da ist das beruehmte Kind schon "in den Brunnen gefallen".
Bei den vielen Gespraechen, die ich dazu mit anderen Eltern gefuehrt habe, gab mir ein Vater die Worte eines Kinderarztes wieder: "das ist oefters so in Mischehen mit Asiatinnen, aber das legt sich mit der Zeit". Problem erkannt, aber die Diagnose spricht fuer die "Beschraenktheit" vieler deutscher Mediziner.
Natuerlich tritt das Problem auch in Mischehen mit Afrikanerinnen, Brasilanerinnen, ....innen auf. Naja, ... eine "Beruhigungstablette" und dann verwaechst sich das schon.
Es macht sich keiner die Muehe nach der Ursache zu suchen!
In dem Link wird so schoen erklaert, wie man dem Kind beim Sprechenlernen helfen kann: nicht schimpfen, ..... nicht zu kompliziert mit dem Kind reden, ......nicht verwirren, ..... (s.o.)
Aber genau das passiert in einem solchen Fall. Das Kind muss ja ueberhaupt erstmal kapieren, dass es zwei Sprachen gibt.
In dem Artikel heisst es auch so schoen, das Kind versteht viel mehr (Alter 0,5bis 2 Jahre)als es spricht, ....genau, es denkt also auch viel mehr , als es spricht. Wird es aber "geschimpft", ueberlastet, ..... blockiert das Kind und genau das hat mein Sohn gemacht und all die anderen Kinder, mit deren Eltern ich darueber gesprochen hatte.
Es ist auch so, die Kinder erkennen irgendwann, da ist was "faul", da gibt es "so etwas wie zwei Sprachen", .......kommen dann Fremde, faengt die Verwirrung schon wieder an: sie wissen nicht in welcher Sprache gesprochen wird/werden soll.
Ich bin davon ueberzeugt, es ist fuer die Entwicklung, das Kind in den ersten Lebensmonaten nur mit einer Sprache zu "bombadieren". Natuerlich bietet sich da die Landessprache an, in der die Familie lebt.
Abgesehen davon glaube ich, die Leistungsfaehigkeit eines solchen "Zwergenhirns" ist viel groesser, als wir uns vorstellen koennen. Ab einem gewissen Alter, sind mehrere Sprachen absolut kein Problem mehr.
:prost:

pit
04.07.2010, 12:06
Greenhorn,

ich möchte mal aus meinem Nähkästchen plaudern. Unsere Tochter (geboren 1994) hat die ersten Jahre eigentlich nur zusammen mit der Mutter verbracht. Ich war derzeit beruflich stark eingespannt und habe die wenigste Zeit in Thailand verbracht. Als Sprache gab es für sie also nur Thai!

Ziehmlich mit Beginn der Schule konnte ich mich mehr und mehr kümmern. Da kam für meine Tochter dann Englisch dazu. Das ging ihr relativ leicht ab. Wir sprechen zu Hause einen Mix aus Englisch und Thai. Der Mix ist erforderlich, a) weil ich immer mein Thai verbessern möchte und b) damit die Tochter ihr Englisch verbessern kann. Sie ist mittlerweile echt gut und scheut sich auch nicht mehr, englisch praktisch anzuwenden, was für viele andere Thais auch ein Problem darstellt.

Nun ist sie in der 10. Klasse (Mor 4) und bekommt als 2. Fremdsprache Chinesisch! Ich habe bewusst darauf verzichtet, in der Familie Deutsch zu reden oder zu unterrichten, sehr zum Leidwesen meiner Mutter. Diese Sprache hilft in Thailand einem Kind eigentlich recht wenig. Gutes Englisch ist eine Chance für eine gute Zukunft.

Ich kenne das Leidwesen mehrerer Sprachen aus eigener Erfahrung. Ich spreche halbwegs Deutsch (meine Muttersprache), excellent Englisch (das hab ich einfach gelernt und immer gebraucht), gut Niederländisch (habe dort mehr als 10 Jahre gelebt), gebrochen Italiänisch (habe 4 Jahre für eine italiänische Firma gearbeitet) und für Thais natürlich kein gutes Thai, sondern Lao (bin ja nun auch schon ne Weile hier ansässig)!

Nochmal,
Nimm Deinem Sohn die Sprachenvielfalt! Damit wird alles einfacher. Thai und Englisch halte ich persönlich für gut, sofern man nicht die Intension hat, später nach Deutschland auszuwandern! Aber auch dann wird Englisch immer gebraucht!

Gruß Pit
:prost:

Erich
04.07.2010, 20:15
Das Thema Sprache steht ja bei uns auch gerade an. Zu Beginn der Schwangerschaft hatten wir uns mal drüber unterhalten, was besser ist: deutsch oder thai oder beides. Eine Bekannte hat von den Erfahrungen mit einem Enkel erzählt, der auch zweisprachig "Mischmasch" aufgewachsen ist und welche Probleme das verursacht hat.
Dann haben wir eigentlich nicht mehr drüber geredet...
Als die Kleine da war, habe ich mich riesig drüber gefreut, dass Mama von sich aus fast nur deutsch mit ihr redet (geredet hat). Das eine oder andere Wort Thai war dabei, aber nur sehr wenig.
Leider kommen aber von außen Einflüsse, die nicht inbedingt positiv sind, nämlich was wir so bei anderen D-Th Paaren mit Kindern erleben: "das funktioniert ja auch und später in Kindergarten / Schule kommt das dann auch mit dem deutsch" - und schon ging es mit Thai los :oops:
Naja, kriegen wir auch ganz zwanglos wieder hin - ist nur schade, dass es etwas "eingerissen" ist.
Die prägenden Monate soll die Kleine erstmal nicht verwirrt werden.

Enrico
04.07.2010, 22:34
Bei uns gab es von Beginn an eine Regel, Sawee spricht Thai, ich deutsch. Bis vor kurzem konnte die kleine auch noch nicht entscheiden mit wem sie was sprechen muss, aber es wird von Tag zu Tag besser. Heute weis sie bis auf Ausnahmen beim blabbern, sehr genau welche Sprache bei wem aktuell ist.

Natürlich kann Sirida mehr Thai als Deutsch, aber das wird sich ab nächsten Monat legen, wenn sie in den Kindergarten geht :hehehe:

Greenhorn
05.07.2010, 05:36
Also ich versuche es noch mal auf den Punkt zu bringen:
Es geht um die Monate direkt nach der Geburt. Wie lange das sein soll weiss ich auch nicht genau. Wichtig ist halt in dieser Zeit, das Kind nicht mit zwei Sprechen beim "Denken lernen" und "festlegen/finden" der "Denksprache" zu verwirren. Dieser Prozess ist spaetestens(!) mit 12 Monaten abgeschlossen. Danach hat das Kind seine" Denksprache"festgelegt und hat ueberhaupt keine Probleme mit mehreren Sprachen.
Ich gebe keiner Sprache dabei den Vorzug. Wichtig ist, die Eltern (+Umfeld) halten dies ein (auch Dialekte vermeiden). Mein Sohn hat auf diese "Verwirrung" mit Trotz reagiert und nicht gesprochen.
Ob es eine "Denksprache" gibt und wir die unser Leben lang beibehalten, bin ich mir auch nicht sicher . Aber es geht um diese Verwiirrtheit.
Stellt euch mal vor, ihr werdet auf einen entfernten Planet entfuehrt und ihr kapiert gar nichts von dem , was diese Wesen reden, bis ihr merkt, die reden in zwei Sprachen mit euch.

@pit
Halte Deutsch auch fuer eine unwichtige Sprache und Chinesisch fuer sehr wichtig.
Insbesonder im asiatischen Bereich.

Wenn demnaechst das neue Programm ? (chu?ng)herauskommt rueckt auch das Englische eine Stufe weiter zurueck. [chu?ng=Fenster/WINDOWS] :-D
:prost:

Greenhorn
13.07.2010, 05:35
Habe in den letzten "Stunden" noch einiges zu dem Thema gelesen.
Eigentlich wird (fast) uebereinstimmend ausgesagt, bei einer Mehrsprachigen-Erziehung kommt es zu erheblichen Verzoegerung beim Sprechen der Kinder.
Geht aber keiner auf die Ursache ein, oder wie man dem entgegen wirken kann.
Ich bleibe dabei: In den ersten Monaten das Kind nicht mit zwei (oder mehr Sprachen) verwirren/ueberfordern. Hierbei sind auch Dialekte als "Sprache" einzustufen. Die gewaehlte Sprache sollte die des "Umfeldes" sein.
Wann genau man mit weiteren Sprachen anfangen soll/kann, weiss ich auch nicht genau.
Mein Sohn, den wir von Anfang an mit zwei Sprachen bombardiert haben, verfiel in eine Art "Trotzhaltung" und hat nicht oder nur das unbedingt notwendige gesprochen.
Heute mit vier ein halb Jahren ist die zweite Sprache kein Problem mehr.
Meine Tochter habe ich bis etwa ein Jahr nur mit Thai angesprochen und dann erst nach und nach Deutsch einfliesen lassen. Da habe ich bis heute keine Probleme feststellen koennen.
:prost: