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schiene
10.11.2007, 21:45
Beerenpflücken mit Gastarbeitern aus Thailand
Arbeit in Finnlands Wäldern
Erstaunliches aus dem Land der unzähligen Wälder und Seen. Da gibt es doch im finnischen Lappland tatsächlich eine wachsende Zahl von Erntehelfern aus dem fernen Osten. Während bei uns Polen Spargel stechen, pflücken Thailänder in Finnland emsig Blaubeeren. Auch im hohen Norden gibt es genug Arbeit, die Einheimische nicht mehr machen wollen. Und im dünn besiedelten Lappland allemal. Ab und zu kommt höchstens mal ein Rentier vorbei, aber ansonsten stört niemand die Arbeit der thailändischen Blaubeerpflücker. Und selbst auf ihre heimische Kost müssen sie nicht verzichten.

Sunthorn Jampeechot kommt aus Thailand. Er ist eigentlich Reisbauer. In diesem Sommer ist er nach Lappland gekommen. Acht Wochen lang sammeln er und seine Frau Waldbeeren. Mit der skandinavischen Beerenharke holen sie Blaubeeren aus den Finnischen Wäldern. Sunthorn Jampeechot, Saisonarbeiter: "Die Arbeit hier bedeutet mir sehr viel. Ich kann hier sehr viel Geld verdienen!" Mit einer Mütze als Mückenschutz hat seine Frau gestern besonders viel gesammelt: 148 Kilo. Dafür gibt es 200 Euro von der finnischen Firma Riitan Herkku. Zum ersten Mal hat der Betrieb 92 Thailänder angeworben. Darunter: eine Englisch-Übersetzerin.

Ben Strömsten exportiert die Beeren: "Das Problem hier ist, dass hier kaum jemand wohnt. Sie fahren 100 Kilometer und werden kaum Menschen finden. Gleichzeitig haben wir hier aber enorm viele Beeren in unseren Wäldern – aber fast niemand, der sie pflückt. Und es gibt immer weniger finnische Beerenpflücker." Vor allem junge Finnen verlassen die am dünnsten besiedelte Region der Europäischen Union. Früher war hier einmal eine Schule: Jetzt ist es das Camp der thailändischen Erntehelfer. Sie haben auch die Köchinnen Surat und Sawian mitgebracht. Vorbereitungen fürs Abendessen: Es gibt Schweine-Ohren. Die Schweineohren wie auch das übrige Essen müssen die Pflücker selbst bezahlen. Doch Köchin Surat findet das nicht schlimm. Den Schweine-Ohren-Salat kann sie in Lappland viel billiger herstellen als zu Hause in Thailand. Das Hörorgan zählt nicht gerade zum klassischen Programm der finnischen Küche. Der Marktpreis deshalb: günstig. Surat Khamphasaeng, Köchin: "Das Essen ist hier viel billiger als in Thailand. Wir müssen uns darum auch nicht sorgen – die Firma bringt es uns hierher."

Draußen bereitet sich eine Pflückergruppe auf den Einsatz vor. Zucker zur Stärkung. Besprechung mit dem lokalen Scout der Firma, einem Rentierfarmer. Er hat am Vortag neue Sammelplätze gefunden. Die Thailänder berichten ihm, was sie gestern gesehen haben: In einem Waldstück hat ein Luchs ein Rentier gerissen. Hinweis von Reisbauer zu Rentierfarmer. Er informiert seine Kollegen. In den Firmenautos geht’s los zur Pflückstelle. Mitten durch die finnische Wildnis. Um hier dabei zu sein, hat jeder einzelne 800 Euro für das Flugticket bezahlt. In Thailand ein Vermögen. Dennoch lohnt sich die globalisierte Erntehilfe für die Gäste aus Fernost. Sunthorn und seine Frau haben den Flugpreis nach fast vier Tagen wieder drin. Allein gestern verdienten sie 380 Euro. Sunthorn Jampeechot, Saisonarbeiter: "In Thailand verdiene ich 1,70 Euro am Tag, hin und wieder vielleicht mal fünf Euro."

Schichtende: Manche der Pflücker sind schon seit zwölf Stunden auf den Beinen. Nach und nach fahren sie zu ihrem Camp zurück. Die Beeren werden gewogen. Für Rekordhalter Sunthorn und seine Frau sieht es auch heute gut aus. Die beiden haben ein großes Ziel: Mit dem Geld aus den Wäldern Lapplands wollen sie daheim in Thailand ein neues Haus bauen. Viele der Thailänder können von dem was sie in den acht Wochen in Finnland verdient haben, zu Hause das ganze Jahr gut leben. Übersetzerin Saowanee macht die Abrechnung. Auch für Sunthorn und seine Frau. Saowanee Aksornsua, Übersetzerin "Es ist noch einmal mehr als gestern!" 25 Kisten insgesamt. Doch ihnen bleibt keine Zeit darüber nachzudenken. Ehefrau Sunthorn: "Ich bin total hungrig - hab den ganzen Tag nichts gegessen!" Danach geht’s gleich ins Bett. Schlafen für die nächste Pflückrunde in den Wäldern Lapplands.
Quelle:
http://www.br-online.de/politik/ausland ... 005/00335/ (http://www.br-online.de/politik/ausland/themen/2005/00335/)

Erich
10.11.2007, 21:54
Wie funktioniert das eigentlich visamässig?

schiene
10.11.2007, 21:59
Wie funktioniert das eigentlich visamässig?
Wahrscheinlich nicht anders wie wenn du nen Thaikoch fürs Restaurant brauchst.Kenne die Einreise und Visabestimmungen nicht von Finnland.Wahrscheinlich läuft das über ne Arbeitsvermittlungsagentur.

Hua Hin
11.11.2007, 00:07
Als ich von BKK nach Bahrain flog, war der halbe Flieger mit Single-Thais
besetzt. Ich dachte erst, oh, da werden werden wohl viele Blumensträusse in Frankfurt warten.
Aber nein, kurz vor dem Landeanflug in Bahrain wurden die Schminksachen herausgeholt und wurden zwecks Weiterflug nach Frankfurt nicht mehr gesehen.

Jetzt frag`ich mich, was die Thais geschminkt in Bahrain wollen?

Gruss Alex

odd
11.11.2007, 01:00
Vorstellungsgespraech.

Daniel Sun
11.11.2007, 11:39
Gibt es nicht nur in Finnland.
Auch in Schweden kommen Thais als Erntehelfer zum Einsatz.

schiene
11.11.2007, 19:00
Könnten wir doch auch als Spargelstecher über die Saison einfliegen lassen

schiene
07.10.2009, 22:44
Tanil Torgnun erzählt von der Blechhütte, in der er in Thailands armem Nordosten lebt. "So leben wir, für ein normales Haus haben wir kein Geld", sagt der Reisbauer. "Wenn ich Geld habe, kaufe ich Essen. Für mehr reicht es nicht." In diesem Sommer hat Torgnun Frau und Kinder verlassen, um in Schweden sein Glück zu suchen. Nun kehrt er ärmer nach Hause zurück, als er vor einigen Wochen nach Schweden gekommen war.

Hunderte Thailänder streifen noch immer durch die Wälder Nordschwedens, um Beeren zu pflücken. Viele von ihnen haben zwei Monate geschuftet haben, sieben Tage die Woche, zehn Stunden am Tag. Für nichts und wieder nichts. Viele von ihnen haben nicht mal genug verdient, um das Flugticket abzustottern und den Aufenthalt zu bezahlen. Verdient haben an ihrer Arbeit die Zeitarbeitsfirmen, die die Pflücker vermittelten. Und die Grossisten, die die Beeren billiger bekommen haben als je zuvor und sie mit sattem Gewinn an die Likörhersteller und Marmeladenfabriken verkaufen konnten.

39 Kronen, knapp vier Euro, kostet ein Becher Blaubeeren in den Stockholmer Markthallen. 20 000 Becher muss ein thailändischer Pflücker gesammelt haben, ehe er beginnt, Geld zu verdienen. "Sie sagten, wir müssten zehn bis zwanzig Tage arbeiten, dann hätten wir die Kosten bezahlt", erzählt Torgnun. "Dann hätten wir mindestens einen Monat, um unser eigenes Geld zu verdienen." Mit 2000 Euro und einem Geschenk für die Tochter wollte er nach Hause zurückkehren. Aus Thailand wurden 6000 Arbeitskräfte angeworben

Doch in Nordschweden wuchsen in diesem Jahr nur wenig wilde Beeren. Die Saison im Süden Schwedens hatte gut begonnen, aus Polen und dem Baltikum gab es großen Nachschub. Das verdarb die Preise. Zehn Kronen pro Kilo zahlten die Aufkäufer am Anfang. Zehn Kronen sind ein Euro. 50 Kilo am Tag hätte Torgnun pflücken müssen, um im Soll zu bleiben. Das ist hart, wenn die Stauden von Beeren bersten. Es ist unmöglich, wenn sie wenig Früchte tragen.

In den Verträgen, die die Pflücker in Thailand unterschrieben haben, wurden ihnen feste Arbeitszeiten, bezahlte Überstunden sowie Geld für Unterkunft und Verpflegung versprochen. Als sie nach Schweden kamen, waren die Papiere nichts wert. Alles kostete: die Arbeitserlaubnis, das Essen, das Bett, das Auto, das unentbehrlich ist, um in die Wälder zu kommen. "Man hat uns betrogen", sagt Tanil Torgnun.

7000 Kronen bekamen die Saisonarbeiter in den vergangenen beiden Jahren im Schnitt ausgezahlt. Das entspricht einem Stundenlohn von einem Euro. Obwohl klar war, dass die Preise im Keller sind, wurden 2009 mehr Arbeitskräfte denn je angefordert. 6000 allein aus Thailand. Bezahlt werden aber nicht die Arbeitsstunden, sondern nur die Beeren.

Die Gewerkschaften, die Baustellen wegen Dumpinglöhnen osteuropäischer Arbeiter blockierten, interessierten sich nicht für Ausbeutung der eingereisten Beerenpflücker. Die schwedischen Behörden fühlten sich nicht zuständig. Erst als eine Gruppe von Thailändern in den Streik trat, um Mittel für die vorzeitige Heimreise zu verlangen, erfuhren viele Schweden vom Elend in ihren Wäldern. Jetzt gibt es halbherzige Vorschläge, den Arbeitern zumindest einen Grundlohn zu garantieren.

Tonil Torgnun hat das Reisfeld neben seiner Blechhütte verpfändet, um die Reise nach Schweden bezahlen zu können. "Wenn sie uns das Feld wegnehmen, haben wir gar nichts mehr", sagt er. "Dann muss ich mich als Taglöhner verdingen und die Kinder können nicht mehr in die Schule gehen."


Badische Zeitung 22.09.09

Greenhorn
08.10.2009, 09:20
Die Wahlen sind vorbei, ist gerade mal wieder "saure Gurkenzeit"?

Bei den Berichten in den Jahren zuvor waren 'se alle vollauf zufrieden. Da wurde gezeigt, wie sie auf dem Markt Schweinsohren gekauft und sich eine thailaendische Leibspeise zubereitet haben. Es wurde viel Geld verdient in der Vergangenheit.
Zur Zeit wird es aber ueberall etwas "enger", nur in Thailand merkt man noch nichts davon.
:prost:

Daniel Sun
08.10.2009, 13:48
Da kann ich nur den Kopf drüber schüttelen...ich war auch mal in Schweden und hab dort Beeren gepflückt, zwar nur zum Spaß, aber ein Zuckerschlecken ist das nicht. Und Nachvollziehen, wie man so viele Leute aus einem so fernem Land für diese Arbeit zusammentrommeln kann, konnte ich noch nie.
Meiner Meinung nach, wollten da wohl einige mal wieder viel schlauer sein, als sie es sind....

wein4tler
09.10.2009, 10:08
In den 1970er Jahren war bei den Medizinstudenten das Leichenwaschen in Schweden ein sehr begehrter Job.
Haben aber auch nicht alle durchgedrückt.

schiene
18.09.2013, 20:42
Diesmal in Schweden...

"Tausende Wanderarbeiter aus Thailand ernten zurzeit die Beeren in Schwedens Wäldern – unter erbärmlichen Bedingungen. Seit einer Woche streiken 50 von ihnen in Umeå. Sie gehen damit ein hohes Risiko ein.

Zwei Monate schon sammelt er täglich zehn bis zwölf Stunden Beeren im Wald, und zwei Monate hat er keine Krone Lohn erhalten, berichtet Windi Kawkebkam. Seine Augen sind rotgeädert, trotz der warmen Witterung trägt er Steppjacke und Skihose. Wie die anderen 50 thailändischen Pflücker wirkt er erschöpft. Sie sind aus dem Wald in die Stadt gekommen und campieren seit einer Woche in Autos auf einem leerstehenden Grundstück der Universitätsstadt Umeå im Land Västerbotten. „We want help“ steht auf einer LKW-Plane.

Die thailändischen Beerenpflücker in Schweden sind die polnischen Spargelstecher in Deutschland. Sie erledigen Arbeiten, für die sich keine einheimischen Arbeitskräfte finden. Doch das Image der schwedischen Beerenpflückerindustrie ist noch schlechter als das der deutschen Spargelwirtschaft. Regelmäßig zur Beerensaison protestieren in Schweden Pflücker, die unter sklavenähnlichen Bedingungen schuften und dann um ihren Lohn geprellt werden."
hier gehts weiter...
Quelle:
Wanderarbeiter in Schweden: Blutige Beeren - International - Politik - Handelsblatt (http://www.handelsblatt.com/politik/international/wanderarbeiter-in-schweden-blutige-beeren/8803284.html)