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Soliman der Elefant
Der Elefant Soliman (* ca. 1540 in Indien; † 18. Dezember 1553 in Wien) war ein Geschenk Johannas, der Tochter Kaiser Karls V. und Isabellas von Portugal, an Maximilian, den Neffen des Kaisers und späteren Kaiser Maximilian II., und der erste Elefant in Wien.
Von Madrid nach Trient
Begleitet von Maximilian, dessen Gattin Maria mit ihren beiden Kindern und einem beträchtlichen Gefolge, wurde er zusammen mit seinem Mahout, dem indischen Pfleger, auf den Weg geschickt quer über die iberische Halbinsel nach Barcelona, von wo aus er nach Genua eingeschifft wurde. In einem Schreiben hatte König Johann III. von Portugal dem neuen Besitzer Maximilian den Namen „Soliman“ für seinen Neuerwerb empfohlen, damit der habsburgische Erzfeind, Sultan Süleyman, „gleichsam zu Euerem Sklaven und geziemend gedemütigt werde“.[1] Am 12. November 1551 erreichte Soliman Genua, um von dort den Weg über Mailand, Cremona und Mantua nach Norden einzuschlagen. Durchs Etschtal erreichte der herrschaftliche Zug am 13. Dezember Trient, wo soeben das Konzil tagte und Soliman für ein keineswegs unbeabsichtigtes Aufsehen sorgte. Man hatte in der Stadt ein hölzernes Abbild des Tieres aufgebaut, aus dem ein Feuerwerk gezündet wurde; Solimans Einzug mit seinem habsburgisch hochkarätig besetzten Tross war als Triumphzug gestaltet worden.
Tirol
Der kaiserliche Elefanten-Zug folgte von Trient aus der Route über den Brenner. Man hatte gehofft, in Bozen die Tiroler durch ein ähnliches Spektakel beeindrucken zu können wie in Trient die Geistlichkeit, was allerdings offenbar misslang. Die hier bei der Gelegenheit angesetzten diplomatischen Verhandlungen gestalteten sich derart schleppend, dass es als ratsam erachtet wurde, den Elefanten nach Brixen voraus zu schicken, wo er am 2. Januar 1552 eintraf und vierzehn Tage rasten konnte, bis seine Herrschaft nachrückte und man sich auf den Weg durchs Eisacktal und über den Brenner machen konnte. Zum Gedenken an diesen Aufenthalt benannte Solimans Wirt in Brixen seinen Gasthof um in die Herberge zum „Hellephant“, die bis auf den heutigen Tag als „Elephant“ existiert und in einem Wandbild und einer über die Jahrhunderte stets erneuerten Inschrift an Soliman erinnert. 80 Jahre später, als der der erste Jahrmarktselefant durch Europa tourte, folgte ein Gastwirt in Graz diesem Beispiel.
Von Innsbruck nach Wien
Am Dreikönigstag erreichte Soliman Innsbruck; von Hall aus reiste er mit seinem Gefolge nunmehr auf dem Inn weiter bis Wasserburg, was ihm die Reise erleichterte, insbesondere angesichts der winterlichen Witterung; die Inschrift auf einem Holzschnitt von Michael Minck vermerkt die Ankunft Solimans in Wasserburg am 24. Januar 1552, wo eine Erkrankung Maximilians einen längeren Aufenthalt erforderte. Kaum genesen, musste Maximilian Mitte Februar in Mühldorf am Inn (bis 1802 eine Salzburger Exklave) die Reise erneut unterbrechen, diesmal wegen Schwangerschaft der Gemahlin Maria.[2] Ende Februar erreichte der Tross Passau an der Mündung des Inn in die Donau, wo die Stadtchronik „ein[en] lebendig Helefanndt wunderlich gros“ verzeichnet hat.[3] Ende Februar war man dann in der habsburgischen Residenz Linz; hier ließ der amtierende Bürgermeister Jörg Hutter der Ältere an seinem Haus zur Erinnerung an Soliman ein Elefanten-Relief anbringen, das bis heute am Hauptplatz 21 erhalten ist.
Das Elefantenhaus in Wien. Kupferstich, ca. 1720; Ausschnitt
Medaille zum Gedenken an Soliman, 1554 gefertigt von Michael Fuchs (seitenverkehrter Abguss). Inschrift: DIESER HELFANT IST KUMEN GIEN WIEN IN DIE STAT / DA MAN IN BEI SEINEM LEBEN ABKONTERFEIT HAT
Triumph und Tod in Wien
Am 6. März 1552 traf Soliman in Wien ein. Der Einzug des ersten Elefanten mit dem kaiserlichen Neffen in die Stadt gestaltete sich als triumphale Parade, deren Weg durchs Kärntner Tor bis zu Solimans erster Unterkunft in einer Scheune am Wasserglacis von der Wiener Bevölkerung gesäumt war.
Die Mischung aus Furcht und Faszination angesichts des großen, grauen Geschöpfs wird in Folge nicht nur Anekdoten, sondern auch Hausbezeichnungen hervorbringen. So wurde dem im 19. Jahrhundert abgerissenen „Elefantenhaus“ am Graben, das mit einem Elefantengemälde geschmückt war, nachgesagt, es sei vom Hausbesitzer, einem überglücklichen Vater, mit der Malerei versehen worden, nachdem Soliman dessen Töchterchen, das in der Hektik des Triumphzugs dem Elefanten vor die Füße gefallen sei, sanft mit dem Rüssel aufgehoben und der Mutter zurückgegeben habe. Die recht häufig in Wien vorkommende Bezeichnung „Zum Wilden Mann“, die gewöhnlich auf eine Sagengestalt zurückgeführt wird, bekam ihre spezielle Wiener Bedeutung hinzu: sie gehe, so heißt es, ebenfalls auf Solimans Einzug in Wien zurück: in diesen Häusern seien die dunkelhäutigen Bediensteten untergebracht gewesen.
Soliman wurde zunächst in seiner Scheune für einige Zeit zur Schau gestellt; danach verbrachte man ihn in die neue Menagerie in Ebersdorf. Kaum anderthalb Jahre nach seiner Ankunft in Wien, am 18. Dezember 1553, starb er, vermutlich aufgrund falscher Haltung und nicht artgerechter Ernährung; eine neuere Untersuchung förderte den zeitgenössischen Hinweis auf eine Unachtsamkeit des Pflegers zutage.
Gedenkmünze an Soliman aus dem Jahre 1554
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