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Thema: Geschichtslehre macht Thais dumm und selbstbezogen

  1. #1
    Da Österreicher Avatar von wein4tler
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    Geschichtslehre macht Thais dumm und selbstbezogen

    Der namhafte Historiker Thongchai Winitchakun, einst Frontmann der thailändischen Studenten- und Demokratiebewegung der 1970er Jahre und Verfasser zahlreicher Bücher und Aufsätze zur Geschichte Südostasiens, übte als Gastredner zur Eröffnung des Instituts für Südostasienstudien der Thammasat Universität auf dem Rangsit Campus am 18. Juli scharfe Kritik an der Art, wie in Thailand Geschichtswissen vermittelt wird.

    pch Bangkok.
    Thongchai ist Professor für südostasiatische Geschichte an der Universität von Wisconsin-Madison. Er forscht derzeit über die Entstehung des modernen Siam (1880er-1930er Jahre) und arbeitet an einem Buch mit Erinnerungen an das Jahr 1976, als monarchistischer Mob gemeinsam mit dem Militär, darunter eigens aus Huahin eingeflogene königliche Elitetruppen, auf dem Campus der Thammasat Universität in der Innenstadt ein bis heute unaufgearbeitetes Massaker mit wahrscheinlich Hunderten Toten an friedlich demonstrierenden Studenten anrichtete.
    Über die bemerkenswerte Rede berichtete vor allem ประชาไท Prachathai ausführlich.

    Schon eingangs warnte er das Publikum in der Universität, an der er selbst studiert hat, dass seine Worte für manche Zuhörer nicht angenehm klingen würden.

    Thongchai beklagte die seiner Ansicht nach engstirnige Art des Geschichtsunterrichts für Thais. Dies habe Unwissenheit, ein ungerechtfertigtes Überheblichkeitsgefühl bezüglich der eigenen Geschichte und löchriges Wissen über die unmittelbaren Nachbarn zur Folge.
    Extremer Zentrismus im Geschichtsunterricht und eine narzisstische Grundhaltung über das Wesen und die Herkunft der Thais ist nach Ansicht des Geschichtsexperten ein Zeichen des gescheiterten Bildungssystems im Land.

    Er forderte einen ehrlichen, kritischen und integrierten Geschichtsunterricht, um echtes Wissen zu vermitteln: „Thailand ist ein Teil Südostasiens, kein einzigartiger Diamant in dieser Region, als solcher funkelt er nur in den Köpfen der Thais“, sagte Thongchai.
    Er brachte die Thai-Geschichte in einen größeren Zusammenhang mit Untersuchungen über Südostasien zur Kolonialzeit und stellte fest, dass das Wissen über Thailand und Südostasien, so wie es in Thailand gelehrt und gelernt wird, bislang durch einen extremen Selbstbezug („Thai Zentrismus“) charakterisiert sei. Als Folge daraus ergäbe sich „dürftiges Wissen über andere und uns selbst.“

    Thongchai fuhr fort:„Wir wissen nichts über die Welt, wir wissen nichts über unsere Nachbarn. Wir wissen nichts, weil wir unglaublich Thai-orientiert sind.“ Unter anderem glaubten Thais an ihre besondere Überlegenheit, weil sie nie kolonialisiert worden seien. Der Historiker schließt daraus, dass den Thais beigebracht worden sei, ihr Land in einem idealisierten Bild wahrzunehmen: ein in einer ländlichen Agrargesellschaft verwurzeltes Land, das „den Frieden, die Ruhe und die Harmonie liebt“. Obwohl sich die Zeit geändert habe und neue Herausforderungen an dieses etablierte nationale Ideal herangetreten seien, sei das geschichtliche Wissen und die Selbstwahrnehmung der Thais gleich geblieben.

    Zur Lösung des Problems forderte Thongchai die Studenten unter anderem auf, auch vom Vergleich mit den Nachbarländern objektiv zu lernen. Es bedeute nicht, dass man Stolz verliere, weil man in Thailand über andere lernt, sagte er.

    „Wir können stolz sein auf unsere Heimat, weil es unsere Heimat ist, weil wir sie lieben und uns um sie sorgen. Es ist aber nicht angebracht, zu glauben, dass wir im Vergleich zu anderen Völkern überlegene und außergewöhnliche Menschen seien.“

    Zum Beispiel könne jeder, der einmal in Bagan in Birma gewesen sei, sofort sehen, wie unbedeutend Ayutthaya im Vergleich dazu war. Wer Bagan, Mandalay oder Ava gesehen hat, den würde es nicht mehr wundern, daß die Birmanen zweimal Ayutthaya erobert haben. Es besteht kein Anlaß, sich zu rühmen, dass Thailand nie wie Birma kolonisiert wurde, weil die Voraussetzungen für jedes Land zu dem Zeitpunkt anders waren. Es besteht keine Notwendigkeit, an einer Idee der besonderen Größe Thailands festzuhalten.

    Thongchai empfahl, Borobudur und Angkor Wat zu besuchen, „um zu staunen und zu erkennen, dass das, was Thailand ausmacht, nichts außergewöhnliches ist “. Die Gesellschaft habe es den Thais nicht vermittelt, auch die Erfolge und Größe der Nachbarn anzuerkennen, sagte er.

    Thongchai hält den Thai-Zentrismus – und damit die alte hierarchisch aufgebaute Gesellschaft, die es nicht geschafft hat, ihren Mitgliedern ein weltliches, breites und gut abgerundetes Wissen zu vermitteln, für überholt. Wenn dieser Zentrismus einmal einen Zweck während des Kalten Krieges gehabt hat, sei diese Ära nun längst vorbei.
    In Thailands Gesellschaft sei jeder gehalten, seinen Platz zu kennen, sagte Thongchai. Disziplin würde überbetont, deshalb gäbe es in den Schulen gewisse Regeln wie über die Haarlänge und die Uniform, obwohl es keine objektiven Gründe mehr dafür gebe. Der einzige denkbare verbliebene Grund sei vielleicht der, „eine Bevölkerung zu produzieren, die sich der Macht beugt“. Aber genau diese Art des gesellschaftlichen Miteinanders würde Thailand schon seit einer sehr langen Zeit nicht mehr benötigen. Diese antiquierten Vorstellungen wurden vielmehr verwendet, um Menschen auf einem Stand zu halten, der schon seit Langem überholt sei.

    Als erste konkrete Verbesserungsmaßnahme schlug Professor Thongchai vor, mit Unterrichtsmodellen zu experimentieren, wie sie in anderen Ländern Südostasiens, etwa in Singapur in Gebrauch sind.

    Vielleicht in einer Generation, so hofft er, könnte sich diese neue Art des Lernens, die für ehrliche Selbsterkenntnis, flexibles kritisches Denken und anpassungsfähige Medienkompetenz stehe, durchgesetzt haben. Sie könnte eine neue Art von Bildung ermöglichen, die nicht durch die zentrische Thai-Weltsicht verkümmert sei.

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  2. #2
    Der Junge mit dem langen Haar Avatar von schiene
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    AW: Geschichtslehre macht Thais dumm und selbstbezogen

    Dieses Umdenken ist ein langer Prozeß da ja auch die Lehrer davon betroffen sind.

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    Der frühe Vogel fängt den Wurm,
    aber die zweite Maus bekommt den Käse.

  3. #3
    Mitglied Avatar von Willi Wacker
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    AW: Geschichtslehre macht Thais dumm und selbstbezogen

    ...bis sich da etwas bewegt wird noch sehr, sehr viel Wasser den Chao Phraya herunter fliessen

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  4. #4
    Da Österreicher Avatar von wein4tler
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    AW: Geschichtslehre macht Thais dumm und selbstbezogen

    Artikel von Hans Michael Hensel

    Wer die besorgniserregende politische Verfassung Thailands verstehen will, muß sich mit seiner Geschichte befassen. Eine der besten und dennoch erstaunlich wenig bekannten Quellen, um dies zu tun, ist Volker Grabowskys 1996 in Hamburg angenommene, aber erst 2004 als Buch erschienene Habilitationsschrift Bevölkerung und Staat in Lan Na.

    Name:  Grabowsky-Lan-Na.jpg
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    Eine vergleichbare Pionierarbeit, die neben den allgemein bekannten Quellen aus Bangkoker Archiven auch viel weniger bekannte Dokumente aus Nordthailand und Laos wissenschaftlich aufarbeitete, gab es zuvor in keiner anderen Sprache, auch nicht auf Thai.

    Ich habe das Buch schon einmal empfohlen (TIP Zeitung für Thailand, 5. Dezember 2011, Seite 38), und nehme den derzeitigen katastrophalen gesellschaftlichen Zustand des Landes zum Anlaß, um erneut auf diese Quelle hinzuweisen, die vor teilweise verblüffenden Informationen über dieses so oft unverstandene Land nur so strotzt.

    Die Blockade in Thailands Politik zeigt dem Beobachter derzeit vor allem eines: In dieser Gesellschaft der oberflächlichen Harmonie und der zur Schau gestellten Mai-pen-rai-Gleichgültigkeit scheint im Kern etwas faul zu sein. Anti-Regierungsdemonstranten, sogenannte „Demokraten“, die in der Vergangenheit mehr Geld als alle anderen Parteien in Thailand für die Bestechung von Wählern und Abgeordneten ausgegeben haben (und trotzdem noch nie eine Parlamentswahl gewonnen haben), sprechen nicht mit der mit großer Mehrheit gewählten Regierung, die sie korrupt nennen. Sie verweigern sich den vom König bestätigten Wahlen. Ihr Anführer will erst die gesamte Verwandtschaft der Ministerpräsidentin, so wörtlich, „beseitigen“, bevor er selbst die Macht übernimmt und dann vielleicht gnädigst – in ferner Zukunft, versteht sich –, wieder einmal „Wahlen“ zulassen will, bei denen einem Teil der Bevölkerung, und zwar vor allem einem ganz bestimmten Teil, dann allerdings die demokratischen Wahlrechte beschnitten sind.

    Diese Leute bedienen sich unter anderem sogenannter „Studenten“, d. h. in Wirklichkeit notorisch gewaltbereiter und berüchtigter Berufsschüler und geistesverwandter Rabauken, paramilitärischen Inkarnationen der กระทิงแดง Krathing Daeng- („Rote Gaur“) und Nawaphon-Schlägerbanden der 1970er Jahre, um Mitbürger zu terrorisieren, die bei der Wahl ihre Stimme abgeben wollen. Und sie sind sich als Ausdruck ihrer „demokratischen“ Gesinnung nicht einmal zu schade, in Hundertschaften vor der Schule des zehnjährigen Kindes der Ministerpräsidentin aufzukreuzen, um dem verängstigtem Knäblein dort per Megaphon großkotzig mitzuteilen, daß es sich auf einen schnellen Wechsel in eine Auslandsschule vorbereiten soll.

    Um Demokratie geht es den Anführern der Protestierer also schon einmal gewiß nicht. Schon gar nicht dem Oberbrandstifter สุเทพ เทือกสุบรรณ Suthep Thueaksuban, einen der Scharfmacher der nach dem Putsch von 2006 (und „Kauf“ von Abgeordneten für fast 50 Millionen Baht pro Stubsnase) an die Regierungsmacht gelangten erzkonservativen พรรค ประชาธิปัตย์ Phak Prachathipat, der offiziell sogenannten “Demokratischen Partei”.

    Aber worum geht es ihnen dann? Suthep darf man getrost als einen der skrupellosesten Thai-Politiker der letzten 30 Jahre bezeichnen, der unter anderem dafür sorgte, daß die Regierung von Chuan Likphai über Korruptionsskandale stolperte, an denen er als Minister nicht nur verantwortlich, sondern aktiv beteiligt war. Nach Wikileaks-Dokumenten war ausgerechnet er auch derjenige, der dem US-Botschafter 2006 versicherte, daß König Phumiphon den Militärputsch unterstützt hätte. Alleine dadurch steht fest, daß dieser moderne Thai-Schicklgruber Narrenfreiheit genießt und die mächtigsten Institutionen des Staates hinter sich weiß. Denn jeder Normalbürger, der in Thailand derartiges von sich gibt, wandert 15 Jahre ins Gefängnis wegen der Beschädigung geheiligter Institutionen des Staates.

    Suthep ist die Gallionsfigur des mehr und mehr verzweifelten Kampfes einer eitlen selbsternannten Elite um die Töpfe der Macht. Dabei ist aber noch längst nicht ausgemacht, wer bei diesen Spielchen eigentlich die Rolle des nützlichen Idioten spielt und wer die Nutznießer sein werden, falls es überhaupt jemals welche geben wird.

    Das wirkliche Problem des Landes hat allerdings viel ältere Wurzeln und geht Jahrhunderte zurück. Es liegt vor allem darin begründet – und hier kommt das Thema der genannten Forschung ins Spiel –, daß Thailands Gesellschaft keineswegs so homogen ist, wie das bei oberflächlicher Betrachtung scheint. Es beginnt schon mit der nur scheinbar einfachen Frage, wer nun eigentlich in Thailand „Thai“ ist und wer nicht.

    Denn kaum ein ausländischer Besucher wird hier der Tatsache gewahr, daß sowohl die priviligierten Nachkommen der alten Herrscherfamilien, sowie auch der neureiche, überwiegend chinesischstämmige Geldadel in und um Bangkok auf den Großteil der weniger priviligierten Landsleute überwiegend distanziert bis offen abschätzig blickt. Man kann das, wie vieles in Thailand, schönzureden versuchen (natürlich gibt es Ausnahmen!), aber es ändert nichts an den Tatsachen. Die weit verbreiteten diskriminierenden Vorbehalte betreffen vor allem Abkömmlinge der einst als Kriegs- und Arbeitssklaven zwangsangesiedelten und jahrhundertelang von nennenswerter Bildung ferngehaltenen Khmer und Lao auf dem Gebiet des heutigen Thailands.

    Ebenso betrifft es die einst ebenso unfreiwillig nach Ayutthaya und Bangkok gekommenen แขก khaek. Khaek bedeutet wörtlich „Gast“, steht aber im Sprachgebrauch auch für die Nachkommen der vor allem aus Kambodscha und dem alten Königreich Bethanien (Pattani) verschleppten mohammedanischen Sklaven, die unter anderem die Khlongs in der zentralen Ebene Thailands graben und unterhalten mußten, entlang derer sie noch heute überwiegend leben.

    Volker Grabowsky, Jahrgang 1959, ist seit fast einem Jahrzehnt Leiter der Abteilung für Sprachen und Kulturen Südostasiens am Asien-Afrika-Instiut der Universität Hamburg. Sein Spezialgebiet ist die Geschichte und Kultur der Thais, wobei mit diesem Begriff alle Thai-Völker, von Assam über ganz Südostasien einschließlich Südwestchina (Yünnan) und sogar bis Hainan gemeint sind.

    Er war unter anderem im Auftrag des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) als Gastdozent an der Abteilung für Laotische Sprache und Literatur der Nationalen Universität von Laos in Viengchan (Thai: Wiangchan) tätig und nutzte seine Zeit gut.

    Für dieses Werk hat er hunderte, auch ausgesprochenen Experten bisher wohl überwiegend nicht oder jedenfalls kaum bekannte Manuskripte aus zum Teil entlegenen Quellen in Thailand und Laos durchforscht. Einige davon nutzte Grabowsky in diesem Werk erstmals für die wissenschaftliche Forschung. Und nebenbei räumt er auch noch gründlich mit verbreiteten Irrtümern und geschichtlichen Falschdarstellungen auf oder relativiert sie.

    Es entsteht ein Bild aus dem Gebiet des heutigen Thailands und Laos, in dem ein Großteil der Bevölkerung von ihren jeweiligen Herrschern jahrhundertelang als reine Verfügungsmasse angesehen wurde. Diese hatte zu funktionieren und jederzeit an jedem Platz im Einflußbereich der Herrscher einsetzbar zu sein, je nachdem, was die Oberen mit ihren mehr oder weniger als Privatbesitz betrachteten „Kolonien“ gerade im Sinn hatten. Vor dem geistigen Auge des Lesers entsteht ein Bild von einem Feudalstaat, der verblüffend an die Vorstellungen der „Regierungsgegner“ erinnert, die derzeit in Bangkok – in aller Öffentlichkeit und von der Staatsmacht ungehindert – unter anderem den bei Touristen und Bangkokern gleichermaßen beliebten Lumphini Park zu einem versifften Campingplatz für chauvinistische Horden antidemokratischer paramilitärischer Individuen entstellt haben.

    Zum Umgang der einstigen Bangkoker Elite mit den aus ihrer Sicht in fast jeder Hinsicht minderbemittelten Menschen in ihren „Kolonien“ gibt es ein interessantes Dokument, das Grabowsky auf Seite 197 zitiert. König Chulalongkon, der nach offizieller Darstellung die Bildung aller Thais so verdienstreich gefördert haben soll, tatsächlich aber lediglich seinen Söhnen das Studium im Ausland sponserte, schrieb am 12. Juli 1883 an den Hochkommissar von Chiang Mai, daß er, Chulalongkon, Chiang Mai „nicht als eigentlichen Bestandteil unseres Königreiches“ ansehe. Also im Klartext: Als Kolonie.


    „Wir möchten lediglich die wirkliche Macht ausüben. [...] die Lao sollen wie eine Maschine arbeiten, die wir ganz nach Belieben vorwärts und rückwärts drehen können. [...] Das muß aber unbedingt stärker mit Verstand und Klugheit als mit Macht und Gewalt geschehen. Laß die Lao nicht erkennen, daß man sie knechtet und unterdrückt.“

    Mit „Lao“ bezieht man sich aus Bangkoker Sicht oft noch heute sowohl auf das Gebiet des ehemaligen Mueang Lan Chang, als auch auf die Region des früheren Lan Na Thai sowie auf den Isan genannten Nordosten Thailands.

    Im Lichte von Grabowskys Forschungen erscheinen übrigens auch die Birmanen in einem etwas anderen Licht als in der üblichen Darstellung. In Thailands offizieller Geschichte läßt man an dem seit jahrhunderten politisch instrumentalisierten „Erzfeind“ Birma bekanntlich selten ein gutes Haar. Wer nur die offiziell gelehrten historisierenden Geschichten kennt, staunt zum Beispiel, wenn er bei Grabowsky auf Seite 151 f. liest, daß der Herrscher Bayin-naung im 16.Jahrhundert großen Respekt vor der Kultur seiner Vasallenstaaten – darunter Lan Na (Chiang Mai), aber auch dem Mon Reich – hatte:


    „Den Beamten war streng untersagt, die Bevölkerung zu schweren und überzogenen Frondiensten zu verpflichten. Sie wurden ermahnt, auf keinen Fall das Hab und Gut der Menschen [...] zu konfiszieren. [...] Die Birmanen ließen in den von ihnen beherrschten Vasallenstaaten die dortigen Machstrukturen im wesentlichen intakt.“

    Grabowskys Arbeiten – keineswegs nur dieses Werk – wimmeln von Einblicken dieser Art, die selbst ausgesprochenen Thailand-Kennern (und sicher auch den meisten Thais) oft nicht geläufig sind. Es handelt sich bei diesem Buch um einen Augenöffner, den man gerade in der jetzigen politischen Situation gar nicht genug empfehlen kann.

    Zu guter Letzt noch etwas, weil es gerade in diesem Bereich leider nicht oft etwas zu loben gibt: Die Typographie des Buchs, von der äußeren Gestaltung über den zweisprachigen Satz vieler Schlüsselbegriffe und ihrer Übertragung bis hin zu den Fußnoten, ist nahezu makellos.

    Volker Grabowsky: Bevölkerung und Staat in Lan Na. Ein Beitrag zur Bevölkerungsgeschichte Sudostasiens. Wiesbaden: Harrassowitz 2004, xxvi + 609 Seiten, 58 Euro, ISBN 3-447-05111-6.

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