Ich hatte oben vergessen: die Zeremonie, Fäden oder schmale Bänder um die Füße und Hände zu binden, nennt man พิธีตราสัง (phithi dtraasang).

Während die Leiche zu Hause ist, denkt man, dass die seele entweder noch im Körper ist oder ganz in der Nähe umherschwebt. Um es der Seele so angenehm wie möglich zu machen, wurden Blumen um den Sarg gestellt, Kerzen entzündet, Räucherstäbchen (die in einer mit Sand gefüllten Metallschüssel steckten) abgebrannt.

Bei Abendessen zweigte man etwas vom Essen ab und stellte es auf einem Teller an den Sarg. Man stellte auch eine geöffnete Flasche einer rötlichen Limonade dazu. Dazu sagte man so etwas wie „jetzt kannst Du essen“. Nach 1-2 Stunden warf man dann diese Dinge weg, man nahm an, dass die Seele sich an den Speisen schon gütlich getan hatte.

Zum Abend hatte man 4 Mönche eingeladen. Wieder eine gerade Zahl (im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten (bei Lebenden), etwa zur Hochzeit usw., da muss es eine ungerade Zahl sein). Als die Mönche eintrafen, klopfte der älteste Sohn der Verstorbenen an den Sarg und informierte die Seele des Toten, dass die Mönche eingetroffen seien.

Die 4 Mönche umrundeten den Sarg. Während Mönche bei Zeremonien mit Lebenden wie die Uhrzeiger rechts herum gehen, gingen sie hier links herum, um –wie sie mir nachher auf Befragen mitteilten- den Unterschied zwischen Tod und Leben auszudrücken. Dabei sangen sie Texte auf Pali. Diese Texte verstanden die Mönche wohl selbst nicht genau, aber sie wussten, dass sie von gutem und schlechtem Karma handelten.

Die Mönche blieben bis zum frühen Morgen. Die ganze Nacht sangen sie ihre Gebete. In den Pausen aßen und tranken sie. Die Thais haben zwei verschiedene Worte für „beten“: สวดมน์ (suadmonn) und อธิษฐาน (athithaan). Das sind zwei ganz verschiedene Dinge: „suadmonn“ heißt, eine Litanei rezitieren, „athithaan“ heißt innerlich mit Gott sprechen, etwa wenn ich denke oder sage „lieber Gott, mach mich gesund“. Was die Mönche tun, ist natürlich nur „suadmonn“.

Fortsetzung folgt.