Ergebnis 1 bis 10 von 50

Thema: Höllengeld

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    Mitglied Avatar von Erwin
    Registriert seit
    19.07.2016
    Beiträge
    899
    Thumbs Up/Down
    Received: 873/2
    Given: 158/0

    Höllengeld

    Nachdem nunmehr meine Sammlung chinesischer Scheine in drei Auktionen in Shanghai versteigert wird, sammle ich nur noch Höllengeld. Das sind geldartige Scheine, die gedruckt werden, um für die Toten verbrannt zu werden. Chinesen in aller Herren Länder verbrennen mindestens einmal im Jahr, am Qingmingfest, diese Scheine, weil sie glauben, die Seelen der Verstorbenen bräuchten in der Überwelt (manchmal sagt man auch Unterwelt) Geld und Waren des täglichen Lebens. Sie sehen das Verbrennen als einen Reinigungsprozess an und glauben, mit dem Rauch steige der Wert des Geldes bzw. der verbrannten Gegenstände zur Überwelt auf.
    Ich möchte Euch in diesem Thread einige Höllengelder und ihre Symbolik vorstellen, wie sie von in Thailand lebenden Chinesen verbrannt werden, und hoffe, Euch nicht zu langweilen...
    Hier der erste Schein, über „500“. Er zeigt gewisse Elemente des echten 500-Baht-Scheins, z.B. die violette Grundfarbe, die „500“ oben rechts, die ๕00 oben rechts. Natürlich zeigt das Portrait nicht König Bhumiphol sondern den Jadekaiser Yu-Huang.
    Yu-Huang war der Legende nach der Sohn von König Jung-De und der Königin Bao-Yue. Obwohl Bao-Yue nicht mehr jung war, hatte sie zunächst keinen Sohn geboren. Der König Jing-De gab ein Edikt heraus, demzufolge siech die Dao-Priester zum Palast begeben und dort die notwendigen Riten zur Sicherstellung eines männlichen Erben zu vollziehen. In der darauf folgenden Nacht hatte die Königin einen Traum. Darin erschien ihr Lao-Jun, auf einem Drachen durch die Luft reitend und in seinen Armen ein männliches Baby haltend. Bao-Yue flehte Lao-Jun an, ihr den kleinen Jungen zu überlassen, und Lao-Jun stimmte zu. Am Morgen, als sie aufwachte, wusste sie, dass sie schwanger war. Später gebar sie den königlichen Erben, eben Yu-Huang. Dieser erwies sich von Kindheit an als äußerst großzügig, er verteilte die Palastgüter an die Armen. Nach dem Tode seines Vaters bestiegt er den Thron, aber schon wenige Tage später dankte er wieder ab, überließ das Zepter seinem Ersten Minister, verließ das Königreich und lebte als Eremit (nach Doré).
    Später hören wir, wie Yu-Huang für politische Zwecke benutzt oder besser missbraucht wurde. 1005 musste Kaiser Zhen-Song einen für sein Land höchst ungünstigen Vertrag mit den Tungusen abschließen, was seine Stellung und das Ansehen der gesamten Dynastie diskreditierte. Sein Minister, Wang Qing-Zhao, gab ihm den Rat bekanntzugeben, er habe im Traum einen Brief von Yu-Huang erhalten, in dem der persönliche Besuch des Dynastiegründers Tai-Zu angekündigt worden sei. Tai-Zu sei dann auch wirklich erschienen. Dieser „Besuch“ bedeutete für den Kaiser eine Stärkung seiner Macht, weil jetzt sichergestellt war, dass der Dynastiegründer hinter dem Kaiser stand.
    1013 ließ dann Kaiser Zhen-Song aus Dankbarkeit einen Tempel „Yu Qing Gong“ für Yu-Huang errichten. Darin wurde eine Statue Yu-Huangs aufgestellt. Der Kaiser brachte hier Opfer dar…
    Zwei Jahre später, 1015, gab der Kaiser dem Yu-Huang den Titel „Höchster Schöpfer des Himmels und des Universums“ und „Höchster Souverän des Himmels“. Auch nannte er ihn „Shangdi“, das bedeutet „overlord“.
    Seit jener Zeit setzten die einfachen Leute Yu-Huang und „Gott“ gleich. Daher war es den christlichen Missionaren nicht möglich, ihren Gott als Shangdi zu bezeichnen, weil das Volk darunter Yu-Huang verstand. Die einfachen Menschen glaubten, Yu-Huang sei ein personaler Gott, der in einem Palast lebe, Hof halte, Botschaften von Göttern empfange, die ihm niedriger gestellt seien.
    Erwin
    Anhang Anhang Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Bkk 2011.jpg‎ 
Hits:	315 
Größe:	197,9 KB 
ID:	10809  


    0 Not allowed! Not allowed!

  2. #2
    Mitglied Avatar von Erwin
    Registriert seit
    19.07.2016
    Beiträge
    899
    Thumbs Up/Down
    Received: 873/2
    Given: 158/0

    AW: Höllengeld

    Da mein Beitrag Anklang zu finden scheint, mache ich hier gleich weiter…
    Bei dem hier gezeigten Höllengeldschein –er tauchte 1993 erstmals in Bangkok auf- findet sich kein wirklicher Anklang an eine echte Note. Nennwert 800.000.000! Man sieht, auch in der Überwelt gibt es Inflation!
    Links zeigt der Schein -genau wie auf der zuerst gezeigten Note- ein Fabelwesen der chinesischen Mythologie, ein so genanntes Qilin. Dieses Tier findet man häufiger auf Höllengeldscheinen.
    Ursprünglich soll das männliche Tier Qi, das weibliche Lin genannt worden sein, woraus sich Qilin entwickelt habe (Doré). Nach Eberhard hat es den Körper eines Hirsches, den Schwanz eines Rindes, die Schuppe eines Fisches, gespaltene Zehen (d.h. Hufe). Ein Qilin frisst nichts Lebendes und tritt nicht auf Gras.
    Das Qilin tritt in Zeiten eines allgemeinen Friedens auf, es ist ein Symbol des Reichtums und der Güte und soll Kindersegen bringen. Aus letzterem Grunde hing eine Frau früher das Bild eines Qilins an die Tür ihres Privatgemachs. Dass es ein Symbol der Güte ist, lässt sich nach Eberhard vielleicht daraus erklären, dass es auf nicht Lebendiges, nicht einmal auf Gras, tritt.
    Der Atem des Qilins erzeugt, wie auf dem Schein deutlich zu sehen ist, Goldbarren in Form so genannter Seidenschule (Sycees)und die flammende Perle.
    Der Mutter des Konfuzius soll kurz vor der Geburt ihres Sohnes ein Qilin erblickt haben. Es soll ein Stück Jade ausgespuckt haben, auf dem unter anderem stand, ihr Sohn werde ein König ohne Thron. – Augenscheinlich habe die Bibliografen des Konfuzius diese Geschichte erfunden, um ihn zu glorifizieren.
    Der hier gezeigte Schein wurde nicht in Thailand gedruckt, sondern aus China importiert. Jahr für Jahr kamen früher ein paar Monate vor dem Qingming-Fest (an dem man hauptsächlich diese Noten verbrennt) Agenten mit Musterbüchern aus China nach Thailand (auch nach Malaysia, Singapur,Indonesien) und die Händler bestellten dann so viel wie sie benötigen. Heute geht das alles Online. Jedes Jahr gibt es neue Typen, und jede auf Höllengeld spezialisierte Druckfirma entwirft Jahr für Jahr immer auffälligere und größere Scheine.
    Erwin
    Anhang Anhang Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Höllengeld_0002.jpg‎ 
Hits:	303 
Größe:	134,6 KB 
ID:	10810  


    0 Not allowed! Not allowed!

  3. #3
    Neuer Avatar von thedi
    Registriert seit
    17.12.2013
    Ort
    Bankok bei Manchakiri, Khon Kaen
    Alter
    74
    Beiträge
    73
    Thumbs Up/Down
    Received: 57/0
    Given: 1/1

    AW: Höllengeld

    Zitat Zitat von Erwin Beitrag anzeigen
    ... die flammende Perle...
    Handelt es sich bei dieser "flammenden Perle" um die Art Ball, die bei Drachenprozessionen in Thailand vor dem Drachen her tanzt? Ich habe mich immer gewundert, was dies bedeutet - und bekam bis jetzt nirgends eine Antwort. Weisst Du etwas darüber?

    Mit freundlichen Grüssen

    Thedi

    0 Not allowed! Not allowed!

  4. #4
    Mitglied Avatar von Erwin
    Registriert seit
    19.07.2016
    Beiträge
    899
    Thumbs Up/Down
    Received: 873/2
    Given: 158/0

    AW: Höllengeld

    Drachen mit flammender Perle sind oft Motive auf Höllengeldscheinen. Die hier gezeigte Note ist ein Beispiel dafür. Sie tauchte erstmals in den frühen 90er Jahren in Südthailand auf, stammt ursprünglich aus China, wurde über Malaysia (Penang) nach Hadyai und Nachbarstädte importiert.
    Ich werde später noch auf das Drachenmotiv genauer eingehen, hier nur kurz (wg. Thedis Anfrage) zu der Perle: Ja, auch die Drachenperle stammt aus dem Atem des Drachens, ganz wie beim Qilin. Die Perle ist ein magisches Objekt, wer eine solche Perle isst, wird selbst zum Drachen.
    Der Legende nach hat ein gewisser Xiao Sheng eine solche Drachenperle gefunden. Eigentlich hätte er die Perle seinem Herrn weitergeben müssen, um das nicht tun zu müssen, verschluckte er die Perle und wurde selbst zum Drachen.
    Im Daoismus (=Taoismus) wird die Drachenperle als Symbol der Unsterblichkeit angesehen. Nach gewissen Quellen haben nur männliche Drachen eine solche Perle, sie soll in der Halsregion sitzen und kann ausgeatmet werden.
    Oft sieht man 2 Drachen beieinander, die um „die Perle kämpfen“, nach anderen Quellen „mit der Perle spielen“.
    Erwin
    Anhang Anhang Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Höllengeld 3.jpg‎ 
Hits:	349 
Größe:	170,1 KB 
ID:	10811  


    0 Not allowed! Not allowed!

  5. #5
    Mitglied Avatar von Erwin
    Registriert seit
    19.07.2016
    Beiträge
    899
    Thumbs Up/Down
    Received: 873/2
    Given: 158/0

    AW: Höllengeld

    Bei dem hier gezeigten Schein, ab 2016 in Bangkok gedruckt, handelt es sich um einen recht einfach gehaltenen 100er. Interessant ist die Nummer, die der individuellen Kontrollnummer auf Banknoten entspricht, hier natürlich eine Konstantnummer (also bei jedem Schein dieselbe). Die „9“ ist nach thailändischen Glauben glücksbringend. Das soll damit zusammenhängen, dass „gau“ 9 heißt, aber auch ähnlich klingt wie der erste Teil von „gaonah“, was Fortschritt bedeutet.
    Die ausgebende Bank heißt 冥都銀行, gesprochen Mingdu yinhang, was mit Dunkelwelt-Bank übersetzt werden kann.
    Man sieht auch, wie früher* auf fast alen echten chinesischen Geldscheinen, 2 kleine rote viereckige Siegel.
    Es sind die Siegel des Bankdirektors Yu-Huang (rechts) und seines Stellvertreters Yan Luo (links). Ihre Namen sind in den Quadratsiegeln mit einer besonderen Schrift, eben der Siegelschrift, geschrieben.

    * die kommunistischen Scheine seit 1949 tragen keine Siegel mehr, so wie die Scheine der DDR keine Unterschriften mehr trugen

    Erwin
    Anhang Anhang Klicke auf die Grafik für eine größere Ansicht 

Name:	Höllengeld 4.jpg‎ 
Hits:	323 
Größe:	198,1 KB 
ID:	10812  


    0 Not allowed! Not allowed!

  6. #6
    Mitglied Avatar von frank_rt
    Registriert seit
    28.04.2014
    Ort
    banglamung
    Beiträge
    732
    Thumbs Up/Down
    Received: 149/8
    Given: 96/3

    AW: Höllengeld

    weiß man, wie dieser brauch entstanden ist. oder hab ich ihn überlesen

    0 Not allowed! Not allowed!
    veni, vidi, et abierunt

Lesezeichen

Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •