Beerenpflücken mit Gastarbeitern aus Thailand
Arbeit in Finnlands Wäldern
Erstaunliches aus dem Land der unzähligen Wälder und Seen. Da gibt es doch im finnischen Lappland tatsächlich eine wachsende Zahl von Erntehelfern aus dem fernen Osten. Während bei uns Polen Spargel stechen, pflücken Thailänder in Finnland emsig Blaubeeren. Auch im hohen Norden gibt es genug Arbeit, die Einheimische nicht mehr machen wollen. Und im dünn besiedelten Lappland allemal. Ab und zu kommt höchstens mal ein Rentier vorbei, aber ansonsten stört niemand die Arbeit der thailändischen Blaubeerpflücker. Und selbst auf ihre heimische Kost müssen sie nicht verzichten.

Sunthorn Jampeechot kommt aus Thailand. Er ist eigentlich Reisbauer. In diesem Sommer ist er nach Lappland gekommen. Acht Wochen lang sammeln er und seine Frau Waldbeeren. Mit der skandinavischen Beerenharke holen sie Blaubeeren aus den Finnischen Wäldern. Sunthorn Jampeechot, Saisonarbeiter: "Die Arbeit hier bedeutet mir sehr viel. Ich kann hier sehr viel Geld verdienen!" Mit einer Mütze als Mückenschutz hat seine Frau gestern besonders viel gesammelt: 148 Kilo. Dafür gibt es 200 Euro von der finnischen Firma Riitan Herkku. Zum ersten Mal hat der Betrieb 92 Thailänder angeworben. Darunter: eine Englisch-Übersetzerin.

Ben Strömsten exportiert die Beeren: "Das Problem hier ist, dass hier kaum jemand wohnt. Sie fahren 100 Kilometer und werden kaum Menschen finden. Gleichzeitig haben wir hier aber enorm viele Beeren in unseren Wäldern – aber fast niemand, der sie pflückt. Und es gibt immer weniger finnische Beerenpflücker." Vor allem junge Finnen verlassen die am dünnsten besiedelte Region der Europäischen Union. Früher war hier einmal eine Schule: Jetzt ist es das Camp der thailändischen Erntehelfer. Sie haben auch die Köchinnen Surat und Sawian mitgebracht. Vorbereitungen fürs Abendessen: Es gibt Schweine-Ohren. Die Schweineohren wie auch das übrige Essen müssen die Pflücker selbst bezahlen. Doch Köchin Surat findet das nicht schlimm. Den Schweine-Ohren-Salat kann sie in Lappland viel billiger herstellen als zu Hause in Thailand. Das Hörorgan zählt nicht gerade zum klassischen Programm der finnischen Küche. Der Marktpreis deshalb: günstig. Surat Khamphasaeng, Köchin: "Das Essen ist hier viel billiger als in Thailand. Wir müssen uns darum auch nicht sorgen – die Firma bringt es uns hierher."

Draußen bereitet sich eine Pflückergruppe auf den Einsatz vor. Zucker zur Stärkung. Besprechung mit dem lokalen Scout der Firma, einem Rentierfarmer. Er hat am Vortag neue Sammelplätze gefunden. Die Thailänder berichten ihm, was sie gestern gesehen haben: In einem Waldstück hat ein Luchs ein Rentier gerissen. Hinweis von Reisbauer zu Rentierfarmer. Er informiert seine Kollegen. In den Firmenautos geht’s los zur Pflückstelle. Mitten durch die finnische Wildnis. Um hier dabei zu sein, hat jeder einzelne 800 Euro für das Flugticket bezahlt. In Thailand ein Vermögen. Dennoch lohnt sich die globalisierte Erntehilfe für die Gäste aus Fernost. Sunthorn und seine Frau haben den Flugpreis nach fast vier Tagen wieder drin. Allein gestern verdienten sie 380 Euro. Sunthorn Jampeechot, Saisonarbeiter: "In Thailand verdiene ich 1,70 Euro am Tag, hin und wieder vielleicht mal fünf Euro."

Schichtende: Manche der Pflücker sind schon seit zwölf Stunden auf den Beinen. Nach und nach fahren sie zu ihrem Camp zurück. Die Beeren werden gewogen. Für Rekordhalter Sunthorn und seine Frau sieht es auch heute gut aus. Die beiden haben ein großes Ziel: Mit dem Geld aus den Wäldern Lapplands wollen sie daheim in Thailand ein neues Haus bauen. Viele der Thailänder können von dem was sie in den acht Wochen in Finnland verdient haben, zu Hause das ganze Jahr gut leben. Übersetzerin Saowanee macht die Abrechnung. Auch für Sunthorn und seine Frau. Saowanee Aksornsua, Übersetzerin "Es ist noch einmal mehr als gestern!" 25 Kisten insgesamt. Doch ihnen bleibt keine Zeit darüber nachzudenken. Ehefrau Sunthorn: "Ich bin total hungrig - hab den ganzen Tag nichts gegessen!" Danach geht’s gleich ins Bett. Schlafen für die nächste Pflückrunde in den Wäldern Lapplands.
Quelle:
http://www.br-online.de/politik/ausland ... 005/00335/